Therapeutische Grundhaltung
Therapeutische Grundhaltung in der transpersonalen Psychotherapie
Christiane Peltzer
Im folgenden möchte ich beschreiben, welcher Raum durch eine transpersonale innere Haltung des Therapeuten während der Gespräche entsteht.
Zwischen dem Therapeuten u. dem Klienten gestaltet sich ein gemeinsamer Bewusstseinsraum, der den transpersonalen Bewusstseinsraum mit ein schließt. Dieser Raum verändert sich ständig, er fließt, er ist im eigentlichen Sinn kein Ort, sondern ein dynamischer lebendiger Prozess, der aus dem individuellen Bewusstsein der beiden Menschen, Therapeut u. Klient, jeden Moment neu entsteht durch die Resonanz, die die jeweiligen Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen, unausgesprochene Erwartungen und Wünsche, im anderen hervorrufen bzw. im einzelnen selbst spürbar werden lassen in dieser Begegnung, in diesem Moment.
Die klassische tiefenpsychologische Psychotherapie spricht hier von Übertragung und Gegenübertragung, von individuellem und kollektivem Bewusstsein und unterscheidet verschiedene Beziehungsebenen. In der transpersonalen Psychotherapie ist das explizite Wissen um die transpersonale Ebene wichtig, weil sie alle anderen Ebenen durchdringt und vom Therapeuten eine besondere Kompetenz erfordert, nämlich über sein psychotherapeutisches Wissen und Können hinaus, Erfahrungen auf einem persönlichen spirituellen Weg gesammelt zu haben, damit er sich dem Klienten nicht nur als Therapeut sondern auch als spiritueller „Bergführer“ wie Pater Willigis es benennt zur Verfügung stellen kann.
Dadurch findet über eine reine Arbeitsbeziehung hinaus so etwas wie eine Begegnung des inneren Wesens in mir und mit mir und mit dem scheinbar Anderen statt, der zwar in seiner Form als Mensch von mir getrennt vor mir sitzt, aber in seiner Form als Holon, um mit Ken Wilber zu sprechen, ein Ganzes ist, das gleichzeitig Teil eines anderen Ganzen ist, von dem ich auch ein Teil bin.
Der Therapeut kann sein Gegenüber nur so weit auf dem spirituellen Weg begleiten, wie er ihn aus eigener Erfahrung kennt, nur soweit ist er wirklich authentisch.
Der Therapeut bewertet nicht, sondern sieht seine Aufgabe darin, zusammen mit dem Klienten den für den Klienten stimmigen Weg zu finden.
Dabei ist er in Akzeptanz, d.h. er achtet die Verschiedenartigkeit eines jeden Menschen, er sieht in der individuellen Form eines jeden Menschen eine wieder andere Art des Absoluten sich zu erfahren. Auch in Form unserer Dämonen.
Dämonen (von griech. daimon = abgespalten) nennen wir verdrängte Anteile unseres eigenen Bewusstseins, die Schattenseite unseres Bewusstseins, Ängste, Depressionen, Scham, Bilder dessen, was wir an uns nicht sehen mögen, nicht akzeptieren können, was wir an uns verteufeln – und was wir als Teil von uns nie loswerden. Diese abgespaltene Schattenseite sehen wir lieber im Gegenüber, im Anderen (Fremden) als in uns.
Der Therapeut kann helfen, diesen abgespaltenen – weil negativ empfundenen Wesensteil – über das Bemerken im Gegenüber auch als Teil meiner Person zu erkennen. Dabei ist es wichtig alles, ohne es zu bewerten, zu akzeptieren und wieder in mich zu integrieren. Der vorausgegangene Prozess der Externalisierung wird in der Therapie auf sich selbst zurückgeführt und damit wieder in die eigene Person internalisiert. Wird dieser Prozess aufmerksam beobachtet und wertfrei begleitet, kann er durch diese Transformation zum Bemerken des transpersonalen Bewusstseinsraumes werden.
Beobachtung meint hier, Innerer Zeuge sein i.S. eines inneren Zustandes, der auch die Gegenübertragung auf der emotionalen Ebene wahrnimmt, sich davon berühren lässt, aber unverwickelt auf das Geschehen blickt.
Der innere Beobachter ist dabei im Zustand der Leere, er bildet einen mitfühlenden Resonanzboden, er stellt ein leeres Gefäß dar für die Probleme des Klienten. Der Klient spürt in sich Resonanz auf die nicht-wertende und annehmende Haltung des Therapeuten, dieses Zusammenspiel lässt Heilung geschehen
Durch die Haltungder ständigen inneren Beobachtung bemerken wir, was in uns vorgeht, welche Gedanken in uns kreisen. Uns wird deutlich, dass Emotionen, besonders Ängste, Traurigkeit etc. dazu neigen, sich hartnäckig an unser Ego zu heften und es zu beschlagnahmen.
Können wir bemerken, dass unter / hinter allen Emotionen einKern ruht, der von all dem unberührt ist, nie berührt wurde und überhaupt unberührbar ist – wie das Meer: das Meer bleibt Meer – egal wie viele Wellen und Stürme es bewegen. Können wir diesen Raum in uns bemerken, aufsuchen, erkennen, in ihm verweilen? Vielleicht breitet sich dann Ruhe und Gelassenheit in uns aus. Eine Ruhe aus der heraus wir die Emotionen oder aufkommende Gedanken beobachten können, ohne dass sie uns völlig überschwemmen und unser Bewusstsein vernebeln. Die Emotionen können gespürt, beantwortet und losgelassen werden. Damit verwandeln sie sich, sie sind keine Dämonen mehr, denen wir uns ausgeliefert fühlen.
Therapieziel ist damit nicht in erster Linie die Überwindung aller Probleme, also Problemfreiheit, sondern eine Haltung zu sich und zu seinem Leben zu finden, die alles, was ist, annimmt und integriert.
Therapie ist auf Ressourcen ausgerichtet und auf die individuellen Kompetenzen des Klienten, dabei bringt sie gleichzeitig die Perspektive des Seins, des Unverhaftet-seins mit allem was ist, mit ein. Sie hilft beim Loslassen von der Identifizierung mit den Problemen. Sie ermöglicht eine Seins-Erfahrung zu machen.